Plastik
Plastik
Was ist Plastik? Jeder Kunststoff ist ab einer bestimmten Temperatur formbar, d.h. plastisch. Darum werden Kunststoffe oft einfach Plastik genannt. Es gibt unzählige verschiedene Arten von Plastik.
Plastik ist überall: hübsche Becher, bunte Schüsseln, leichte unzerbrechliche Getränkeflaschen, Plastikbeutel, transparente Verpackungen von Tiefkühlpizza über getrocknete Tomaten bis Bio Hafer. Kosmetik in Plastiktiegeln, Duschgel und Shampoo in Tuben, Hygieneartikel in Plastikfolien eingewickelt. Selbst die Regale in Bioläden sind voller Plastikverpackungen!
Die Verpackungsindustrie macht mit etwa 30% aller Kunststoffproduktionen einen enorm groβen Teil aus. Der Rest verteilt sich auf Elektrotechnik, Bauwesen und auch in Kleidung (Sport) und Schuhe stecken Kunststoffe.
Was 1905 mit der Herstellung des ersten vollsynthetischen Kunststoffs Bakelit begann und sich sowohl im Alltag als auch in unseren technisierten Arbeitswelt als wunderbar leicht, hygienisch, haltbar, günstig und vielfältig einsetzbar entpuppte, hat sich mittlerweile zu einem sehr ernsten Umweltproblem entwickelt.
Die Annahme, daβ Problemstoffe in Plastikprodukten fest gebunden seien und nicht entweichen können ist falsch. Bis zu 500 Jahren kann es dauern, bis sich Kunststoff komplett wieder in seine Einzelteile zersetzt. Es baut sich jedoch niemals biologisch ab. (Bis auf die wenigen Kunststoffe, die aus natürlichen Rohstoffen hergestellt werden). Mehr als 260 Mio. Tonnen Kunststoff werden weltweit jährlich produziert. Die Folgen:
90% der Weltbevölkerung hat bereits winzige Plastikteilchen im Blut, Gewebe oder Urin. Unter den zahlreichen problematischen Substanzen sind an erster Stelle Bisphenol A und die Phtalate, sogenannte Weichmacher zu nennen.
Bisphenol-A (BPA): ist die meistproduzierteste Chemikalie der Welt (4 Mio. Tonnen pro Jahr). Ohne BPA wäre die Herstellung von Hartplastik unmöglich. Lebensmittelverpackungen, Plastikfolien, Haushaltsgeräte, CD’s, Spielzeuge, Armaturen, Innenbeschichtungen von Getränke – und Konservendosen aber auch Pestizide, Kosmetika und Medikamente enthalten diesen Problemstoff.
BPA ist eine endokrin wirksame Substanz und zählt zu den „Umwelthormonen“ (oder Endokrine Disruptoren ED).
Umwelthormone sind keine körpereigenen Hormone, sondern Moleküle, die sich wie Hormone verhalten. BPA wirkt östrogen ähnlich. Da sie mikroskopisch klein sind, gelangen sie in die Umwelt und über die Haut oder die Atmung auch in den menschlichen Körper.
Umwelthormone greifen direkt in unser Hormonsystem ein und verändern es. Sie verursachen bspw. verminderte Spermaqualität bis hin zu Unfruchtbarkeit bei Männern, Prostatakrebs, Eierstockkrebs, Brustkrebs, (hormonbedingte Tumoren), vorzeitige Geschlechtsreife bei Mädchen, Diabetes, Fettsucht, Entwicklungsstörungen…Vor allem Embryonen, deren Entwicklung im Mutterleib hormonell gesteuert wird, sind besonders betroffen. Die krankhaften Störungen zeigen sich oft erst nach vielen Jahren[1].
Seid 2011 ist zumindest die Verwendung von BPA in Säuglingsflaschen in der EU verboten. Warum gilt das Verbot nicht generell für alle Umwelthormone? Die EU Kommission in Brüssel berät derzeit darüber, ob eine Festlegung von Grenzwerten für endokrin wirksame Stoffe in „Produkten“ sinnvoll wäre, anstatt sie alle komplett vom Markt zu nehmen. Dies Grenzwert Variante wäre seitens der Industrie natürlich gewünscht.
Aber schon kleinste Mengen endokrin aktiver Substanzen und deren Vermischung (!) sind langfristig schädlich für unsere Gesundheit. Für Menschen, Pflanzen und Tiere. Das belegen tausende von Studien.
Hier besteht dringender Entscheidungsbedarf! Und zwar gegen die Verwendung solcher chemischen Substanzen! Eine Festlegung von Grenzwerten reicht nicht aus[2].
Zurück zu den Verpackungen von Lebensmitteln.
Was nützt mir also Biokäse in einer Plastikverpackung? Der Käse ist theoretisch unbelastet, aber was ist mit der Plastikverpackung?
Niemand kann mir sagen, was diese Verpackung für Schadstoffe enthält. Viele Weichmacher sind fettlöslich und gehen in die Lebensmittel über. Die legen wir uns dann aufs Brot. Guten Appetit!
Was ist mit dem Mineralwasser? Wir trinken laut Statistik rund 160 Liter pro Kopf, pro Jahr in Deutschland. Einige sicher auch mehr.
Innerhalb eines Forschungsprojektes (gefördert vom Umweltbundesamt) wurde im Jahre 2009 Mineralwasser und dessen Belastung mit Umwelthormonen untersucht. Wasser aus PET Plastikflaschen war doppelt so hoch belastet, wie Wasser aus Glasflaschen. Professor Jörg Oehlmann, Leiter des Projektes an der Goetheuniversität sagt:
„Wenn sich herausstellt, daß das Auslaugen von Endokrinen Disruptoren aus Kunststoffverpackungen ein generelles Phänomen ist, würde dies bedeuten, daß nahezu die gesamte Bandbreite unserer Lebensmittel hormonell belastet ist“[3]
Was können wir tun, um diesen Problemstoffen zu entgehen?
Bleibt so nah wie möglich an der Natur.
Die Natur ist die intelligenteste Instanz, die existiert.
Plastikabfall zu recyceln ist gut und wichtig. Plastik zu vermeiden ist besser und hat Priorität.
Entplastifiziert euren Lebensraum, so gut es geht. Alles was direkten Kontakt mit Lebensmitteln und eurem Köper hat, sollte nicht aus Plastik sein. Ein alter Wischeimer hingegen kann bleiben. Der Föhn oder die Badewanne natürlich auch.
Kleidung aus natürlichen Materialien wie Baumwolle, Wolle oder Leinen belasten euch und die Umwelt nicht.
Habt immer einen Jutebeutel in der Handtasche oder einen grösseren Einkaufskorb im Arm. Keine Plastiktüten bitte.
Kauft Gemüse und Obst ohne Plastikhüllen: frische, unverpackte Produkte gibt es auf dem Markt. Sucht einen Landwirt, der sein Gemüse pestizidfrei wachsen läβt und untertützt ihn, damit er weiter ordentliches Essen produzieren kann.
Wahre Schönheit kommt von innen. Smile. Wählt Kosmetik so naturbelassen wie möglich. Haarsprays, Nagellack, Wundercremes ect. besser vermeiden.
„Original unverpackt“, der erste verpackungsfreie Supermarkt in Berlin ist ein sehr gutes Beispiel wie einkaufen ohne Verpackungen funktionieren kann.
Ein einfacher und günstiger Behälter zum Aufbewahren und Transportieren von Lebensmitteln ist Glas.
Glas eignet sich auch hervorragend zum Einfrieren von Suppen, Eintöpfen ect. Man sollte ein bisschen Platz (Luft) lassen, denn Masse breitet sich beim Einfrieren aus. Meine Schwester praktiziert das regelmässig und es ist noch kein Glas kaputt gegangen.
Müllbeutel gibt es inzwischen aus kompostierbarem Material. Kostet etwas mehr, aber das ist es wert.
Deinen Lieblingstee gibt es nur in Plastikfolie? Dann finde einen neuen. Verzicht und Umgewöhnung gehören dazu.
Mit einem Trinkbecher aus Glas oder rostfreien Stahl in der Handtasche oder am Hosengürtel (leicht und bunt), muss man an keinem Ort der Welt aus Plastikbechern trinken. Nicht mal im Flugzeug.
Wichtig: Die Natur wird durch Umwelthormone an ihrer wichtigsten Stelle getroffen: der Reproduktion von Leben und ihrer normalen Weiterentwicklung. Davon hängt das gesamte Überleben der Menschheit, der Fauna und Flora ab. Ohne ein gesundes Hormonsystem ist das nicht gewährleistet! Umwelthormone, die diesen natürlichen Prozeβ in erheblichem Maβ stören, gehören so schnell wie möglich aus dem gesamten ökologischen Kreislauf verbannt.
Die ersten PVC Plastikflaschen gab es erstmals im Jahr 1960, Plastiktüten benutzen wir erst seid 1957! Mit weniger Bequemlichkeit und mehr Engagement geht das. Schärfe Dein Bewusstsein, pass auf wie ein Luchs und sei mal wieder altmodisch. Wir können auch ohne Plaste!
Die Ozeane sind voll mit Plastikmüll (13 Millionen Tonne pro Jahr), an der Oberfläche und in der Tiefsee…die Strände auch…die Fische auch…und wir gleich mit.
Sag NEIN zu Plastik!
[1] The impact of Endocrin Disruption: A Consensus Statement on the State of the Science, in: Environmental Health Perspectives, Volume 121, Number 4, April 2013.
[2] Umweltgifte und Lobbyismus, in: SAT 3, (TV) Mediathek, 15.01.2015
[3] Endocrine disruptors in bottled mineral water: total estrogenic burden and migration from plastic bottles, Environmental Science and Pollution Research, Wagner, M. & Oehlmann, J. (2009), Online First: http://dx.doi.org/10.1007/s11356-009-0107-7